Der Drill beginnt am Morgen.
Den Startschuss macht der Wecker.
Schnell links aus dem Bett gerollt.
Robben zum Kaffeekocher.
Intensives Zähneschrubben unter dem harten Strahl der Dusche.
Heftiges morgendliches Gefecht mit dem Gatten: Touché.
Dritter Stock runter.
Rauf aufs Fahrrad, schon wieder zu spät.
Rote Ampel mit Blick auf Blaujacken umfahren.
Treppen hochspringen.
Kotau vor dem Chef.
Harter Handkantenschlag auf den defekten Computer.
Einarmiges Reißen des Telefonhörers.
Endlich Pause.
Büroschlaf
Fenster
Blick in den Garten. Vom Bahnhof aus die Rückseite. Züge fahren. Blumen blühen. Es duftet schon nach Mittagessen. Ich halte eine Raupe in der Hand.
Baum
Papa hat einen Kirschbaum geschenkt bekommen. Doch wohin in dem kleinen Reihenhausgarten? Neben der Wäschespinne? Geht doch! Inzwischen blüht er jedes Jahr. Der Baum – nicht die Spinne.
Schuhe
Sie tragen mich durch dick und dünn. Sie sind Schnittstelle zum Weg. Oft misshandelt und wenig gepflegt. Aber geh mal ohne Schuhe den steinigen Weg.
Regen
Ein Landregen an der Adria. Dicke Tropfen platschen auf die Straße. Wir schauen raus. Eine frische Brise umfängt uns.
Abend
Die Sonne senkt sich. Wir sitzen am Balkon und trinken Aperol Spritz. Die Woche ist geschafft. Da laufen Flüchtlinge vorbei. So ist die Welt.
Küche
Omas Küche war phänomenal. Nur klein, aber aus wenigen Zutaten buk sie mit Zauberhand Käsekuchen für alle.
Die japanische Gedichtform des Haiku harmoniert, obwohl wesentlich älteren Ursprungs, vorzüglich mit dem Stil der Neuen Sachlichkeit: Das Haiku ist konkret, fängt
einen Augenblick ein und beschreibt (in seiner strengen Auslegung) nur das äußerlich Sichtbare. Gefühle entstehen aus dem Raum zwischen den Worten. Es eignet sich hervorragend, um die
Wirkung in Worte zu fassen, die das Bild auf die Schreiberin hat:
Mundwinkelrote
Farbflecken. Sogar Preise
erhält man dafür.
Birgit Honikel
Vollbrachtes Tagwerk
Schleppt sich den Hang hinunter
Eiskalte Abenddämmerung
Sita Angelika Völkel nach einem Bild von Carlo Mense:
Verschneiter Wald im Riesengebirge, um 1932
Ende November war es wieder so weit: Ich konnte eine kleine Schreibgruppe im Kunstforum Ostdeutsche Galerie begrüßen. Manche Teilnehmerinnen waren schon zum dritten, vierten Mal dabei, eine andere stieß neu dazu. Diesmal widmeten wir uns der Ausstellung Messerscharf und detailverliebt. Werke der Neuen Sachlichkeit.
Die Neue Sachlichkeit fand ihren Niederschlag auch in der Literatur (Werke von Erich Kästner, Mascha Kaléko oder auch Alfred Döblin sind hier einzuordnen). Daran lässt sich anknüpfen. Doch die Bilder sprechen auch für sich: Im Triptychon von Britt Dalen Laux sind Form und Bildinhalt in Text übersetzt.