Mal ganz ehrlich: Wem fällt es schon leicht, "Geduld" zu haben? Schriftstellerinnen brauchen jede Menge davon. Von den zarten Schreibanfängen - oft schon in der Grundschule - bis zur ersten Veröffentlichung kann ein halbes Leben vergehen.
Mark Twain soll mal gesagt haben, dass man zum Schreiben nur ein bisschen Talent braucht, aber ganz viel Sitzfleisch. Allein bis so eine Geschichte überhaupt ausgedacht ist, fließt viel Tinte den Erzählfluss hinunter. Bis man sie als lesbar bezeichnen kann, braucht es möglicherweise mehrere Überarbeitungsgänge. Fertig ist man sowieso nie wirklich.
Nach all der Zeit im stillen Kämmerlein kann man schon mal Zweifel am eigenen Text bekommen: Ist das Bullshit oder einfach nur genial? Normalerweise ist es irgendwas dazwischen. Dann heißt es, die Kritik sorgfältig abzuwägen - und sich nochmal dranzusetzen. Irgendwann ist es dann an der Zeit, das Geschriebene in die Welt hinauszuschubsen wie ein Kind, das langsam flügge wird. Es an Agenturen und Verlage zu schicken. Dann heißt es wieder: Warten. Geduldig sein. Denn es gibt unendlich viele Menschen, die gut schreiben und deren Manuskripte sich auf den Schreibtischen der Literaturverantwortlichen stapeln. Manche von denen reagieren überhaupt nicht - mit oder ohne Ansage: "Wenn wir uns innerhalb von 3 (respektive 4, 5, 6 Monaten) nicht melden, gehen Sie bitte davon aus,dass wir kein Interesse haben..."
Einige sind aber in der Lage, innerhalb von ein bis zwei Monaten eine Rückmeldung zu geben. Und einige wenige antworten nach langer, langer Zeit. Mein persönlicher Spitzenreiter liegt bei eineinhalb Jahren Reaktionszeit. Unnötig zu erwähnen, dass es sich um eine Absage handelte. Aber immerhin um eine Antwort.
Im Falle einer Zusage dauert es wieder eine Weile, bis das Manuskript auf den Markt kommt. Immerhin ist in dieser Zeit auch einiges zu tun: Die Abstimmung des Buchcovers, Klappentext, Lektorat ... und zum Schluss die endgültige Druckfreigabe. Und dann: Wieder warten, bis das Buch erscheint und wie es sich verkauft.
Dann warten auf die nächsten Einfälle. Kreative Geduld. Den Geist öffnen. So tun, als ob man gar nicht wartet. Denn geniale Ideen hüpfen nicht frontal durchs Bild. Sie sind zart und durchscheinend wie Seepferdchen, und sobald man nach ihnen greift, verblassen sie vielleicht. Man ist drauf angewiesen, dass sie als mentaler Beifang ins Netz gehen.
Zum Glück haben wir keine Wahl: Wir müssen schreiben. Egal ob es öffentlich wird oder nicht. Die ausgedehnten Phantasiereisen meiner Kindheit unternahm ich schließlich aus Lust am Märchenerfinden und Träumen. Zu diesen Träumen gehörte es auch, eines Tages Schriftstellerin zu sein. Offenbar war ich geduldig genug ...