Auf meinem täglichen Spaziergang über die Winzerer Höhen treffe ich den Weltenbummler wieder. Zuvor sind dicke, dunkle Wolken das Donautal hinunter gezogen und haben ein Schneegestöber ausgelöst,
in dem sowohl Kareth als auch die Domtürme kurzzeitig verschwanden. Das dünne Weiß vermag die braunen Felder und grünen Wiesen nicht ganz zu bedecken, doch etwas winterlicher ist es nun -
endlich. Dann reißt die Wolkendecke wieder auf. Während Teile der Landschaft im Nebel liegen, gleißt bei Mariaort die Sonne auf dem Fluss und der Himmel leuchtet. Von irgendwoher höre ich meinen
Namen rufen; auf dem Grillplatz brennt ein lustiges Lagerfeuer. Der Weltenbummler hat im Zelt übernachtet, seine Outdoor-Ausrüstung ist gut in Schuss, nur etwas trockener könnte es sein, aber das
Schneetreiben hat dem Weltenbummler und seinem Feuerchen nichts anhaben können. Ein Wintermärchen! meint er nur. Wir plaudern ein wenig, zwischendurch ruft ein Freund aus Bulgarien an, eine
Telefonnummer wird notiert und ich verstehe sogar zwei, drei Zahlen, weil sie ähnlich wie im Tschechischen klingen. Nula (okay - das ist nicht schwer :-)) und dva (zwei). Den Freund hat mein Weltenbummler - ebenfalls auf Wanderschaft - bei
einer Reise durch seine bulgarische Heimat kennengelernt. Wobei es diese Heimat, die er mir als entrücktes Naturparadies schildert, so nicht mehr zu geben scheint. Hinter den munteren Worten
schimmert eine Entwurzelung durch, ausgelöst von politischen und persönlichen Verwerfungen.
Schließlich gesellt sich noch ein Grüppchen Spaziergänger zu uns, drei Erwachsene und zwei Mädchen. Sie haben Punsch dabei und Josef, der Bulgare auf Wanderschaft, teilt Schokolade aus. Als ich
zu Hause ankomme, ist es schon fast dunkel, und ich bin froh, dass ich nicht in einem Zelt oben auf den Höhen übernachten muss. Josef will es so. Und er weiß das Alleinsein auf Reisen zu
gestalten.